Den Job geschmissen, nach Sri Lanka gereist, geholfen. Mein eigener Chef geworden. Die Kurzversion meiner Geschichte hört sich nach einer wunderbaren Anleitung an wie man sein Leben umkrempeln kann. Damit sollte ich vielleicht Hallen füllen, barfuß im Anzug und einem Headset am Ohr die Leute motivieren. Listen führen. 10 Dinge die jeder Gründer mit auf die Toilette nimmt. 5 Fehler die man vor dem Aufwachen auf jeden Fall vermeiden sollte. 7 Anfangswörter, mit denen man zu einem Gesprächsmagneten wird…
Nun bin ich aber weder ein großer Redner, noch halte ich viel von Listen und Anleitungen. Jedes Leben ist so einzigartig und wunderbar verrückt, einen Masterplan gibt es eh nicht. Und auch wenn sich die Kurzversion ganz klar und zielstrebig anhört, so war die Geschichte bis zu meiner Idee alles andere als geplant. Es gab nur die eine Sache, bei der ich mir völlig sicher war: dass ich meinen Job kündige und etwas anderes machen möchte. Danach kamen viele angefangene Projekte, ein großes Durcheinander, Richtungswechsel, Zweifel…um am Ende dann doch zur richtigen Zeit am richtigen Ort bei der Erkenntnis zu landen dass alles irgendwie seinen Sinn hatte. Ich weiß nicht was die Zukunft bringt, aber ich habe endlich etwas gefunden von dem ich komplett überzeugt bin. Das allein bereitet mir schon eine Riesenfreude!
Freiheit…oder?
Wir spulen mal zurück zum Sommer 2015. Ich wollt einfach raus. Weg von den Großkonzernen. Wo die Gewinne steigen aber gleichzeitig auch der Druck auf die Angestellten. Wo Lieferanten ausgepresst werden weil jedes Jahr noch mehr gespart werden muss. Für das ständige Wachstum, das über allem steht. Wo sie sich in Meetings gegenseitig die Verantwortung zuschieben weil jeder nur noch seinen Arsch retten will. Und wo neben den vielen Konsumgütern auch sehr viel Müll produziert wird, Dinge die man noch gut hätte weiterverwerten können. Besonders in Lebensmittelunternehmen ist das schwer mit anzusehen. Als Verpackungsingenieur habe ich dank den Verbindungen zu allen Abteilungen sehr viel mitbekommen, aber eben auch sehr viele Dinge gesehen die einfach nicht mehr richtig für mich waren. Ich hatte noch die Hoffnung dass ich durch die Entwicklung von Verpackungen mit nachhaltigen Materialien etwas verändern kann, aber das habe ich dann auch ziemlich schnell aufgegeben.
Also habe ich von Anfang an gespart. Als Schwabe kann man das einfach, wir lernen das noch vor dem aufrechten Gang. Der Bausparvertrag ist der Batteriestatus unseres Lebens. Die materiellen Dinge waren auch nicht so meine Sache, statt einem großen Fernseher oder einem neuen Auto habe ich lieber auf die nächste große Reise gespart. Das hat mir auch im Büroalltag geholfen, einfach der Gedanke der Freiheit, dass ich das nicht unbedingt machen muss und auch wieder herauslaufen kann, rückwärts und mit rotierenden Stinkefingern. Der Rucksack war immer bereit für das nächste Abenteuer. Deshalb fiel es mir auch nicht so schwer, meine Wohnung aufzugeben und alle meine Möbel zu verkaufen. Ich wollte wieder frei sein und das alles waren Dinge die mich festhielten.
Aber ich wollte es langsam angehen. Erst einmal entschleunigen, die Zeit nutzen, um mir klar zu werden was ich eigentlich machen möchte. Und dann ohne großen Druck etwas starten, vielleicht sogar etwas Eigenes. So war jedenfalls der Plan, ein schöner Plan. Doch ein schlaues Kerlchen wie ich hat sich natürlich schon im Vorfeld genügend Sachen zurechtgelegt, diesen Plan zunichte zu machen. Soviel Zeit auf einmal…die muss doch genutzt werden! Und zwar gleich. Also her mit den Ideen! Und am besten alle auf einmal…
Tauchlehrer
Die erste Idee war schnell gefunden, denn ein paar Monate vor meiner Kündigung war ich in Mittelamerika und habe mich auf der Insel Utila in Honduras in das Tauchen verliebt. Bevor ich meinen Job weitermache, werde ich lieber Tauchlehrer! Eine typische Bier-plus-Sonnenuntergang-Entscheidung, die ich einfach mal ernst nehmen wollte. Wieso nicht? Wenn ich daran denke wie glücklich ich nach jedem Tauchgang aus dem Wasser kam… Dann habe ich selber die Freude und kann sie noch anderen ermöglichen! Win-Win! Und die Welt mache ich damit auch nicht so kaputt. Ich hinterlasse vielleicht ein paar Blubberbläschen und stifte ein wenig Unruhe. Und da es ein Tauchlehrer nicht so einfach hat, ein sicheres regelmäßiges Einkommen zu haben, habe ich mir auch schon Nebenverdienste überlegt. Vielleicht Freelancer-Aufträge als Mediengestalter (meine Ausbildung) ergattern oder in Richtung Webdesign und Programmierung gehen. Ein dickes HTML/CSS Buch wurde gleich gekauft und sogar bis zur Hälfte durchgearbeitet. Zumindest weiß ich jetzt wie eine Homepage aufgebaut wird…
Müsliriegel und ein Buch
Gleichzeitig war ja da noch die Idee mit den Müsliriegeln. Mit einem Kumpel wollte ich zusammen einen gesunden Müsliriegel entwickeln, ohne Zucker und mit einer nachhaltigen Lieferkette. Sehr lange ging das Ganze jedoch nicht. Das Konzept gab es schon genau in der Art und auch gut umgesetzt, um da mitzuhalten wäre ein ordentliches Startkapital nötig gewesen. Zumindest wurde mal ein Riegel gebacken und es gab Logoentwürfe mit verschiedenen Namen und Eichhörnchen. Auch eine Kuh die „Moozli“ schreit, aber die war dann doch zu unsportlich für das Thema.
Bei meinem Buch gibt es nicht so viel zu erzählen. Nur die Erkenntnis, dass man nicht automatisch Schriftsteller wird wenn man eine unglaublich gute Idee beim Joggen bekommt und sich dann mit einem Notizblock in ein Cafe setzt…
Das war aber noch nicht alles. Das nächste Mal erzähle ich dann, wie ich neben weiteren Ideen wieder nach Studiengängen gesucht habe, fast doch wieder in einem Job gelandet bin und warum auf einmal Sri Lanka ganz oben auf der Liste stand…
Genialer Einstieg!!! Macht neugierig auf weitere Einträge!
Danke! Es kommt schon bald mehr…:-)
Top! Wenn auch nicht Schriftsteller – einen mitreißenden Blogeintrag hast du schon mal.
Danke Daniel! In kleinen Portionen ein paar Geschichten erzählen macht auch Spaß! 🙂
…so. Gerade auch den zweiten Eintrag gelesen. In den ersten Zeilen habe ich mich überrschend deutlich wiedergefunden. Sehr ähnliche Gedanken gehabt und Konsequenzen gezogen. Danach liefs etwas anders. Weltreise.
Nun zurück und im Brainstorming-Modus und sehr erfreut, über Deinen Blog gestolpert zu sein. Denn meine Gedanken gingen und gehen auch in diese Richtung.
Hey Joe, das ist ja cool!! So sind wir Joes halt…:-D Halt mich auf dem Laufenden was bei dir rauskommt!
Schöner Text! Und so wahr…
Danke!! 🙂