Die Entscheidung

Vorstellungsgespräch

Am Tisch saßen sie, drei der Gestalten, denen ich eigentlich entkommen war. Abteilungsleiter, Bereichsleiter und Personalchefin. Also einmal der Chef, dem man nun beweisen muss dass man ein toller Typ ist und was drauf hat. Dann die Wichtigkeit in Person, ein Chef von Chefs, dem man zeigen muss dass sich jeder Cent des Gehaltes lohnt. Und zuletzt zwei unangenehme Augen, die einen ohne Unterbrechung anstarren. Davor ein Notizblock worauf später wichtige Sachen stehen wie „bewegt Daumen – nervös, zögert bei Frage – Lügner, usw…“. Wie bin ich bloß hier wieder gelandet? Das wollte ich doch gar nicht. Ich habe in die Runde geschaut und hätte fast gegrinst und den Kopf geschüttelt. Aber dann wäre wohl das Wort „Psychopath“ auf dem Zettel gelandet. Nein, reiß dich zusammen. Du wolltest das probieren und jetzt bist du hier.

Die einzige Vorbereitung, die ich darauf hatte, war die Hinfahrt. Zwei Stunden eigene Gehirnwäsche mit folgendem Fazit: du brauchst es nicht, du musst da nicht hin, du bist nicht darauf angewiesen, also setz dich ohne Druck hinein und schau es dir an, mach denen nichts vor, sei einfach so wie du bist. Klar, aufgeregt war ich trotzdem, das kann ich nicht abstellen. Aber der Druck war tatsächlich nicht da und so war es ein interessantes Gespräch. Ich wurde am Anfang viel beschnuppert. Wer ist denn dieser Wilde? Der selber kündigt und einfach geht, ohne Perspektive? Können wir den wieder zähmen?

Irgendwann haben sie dann gemerkt dass ich gar nicht so wild bin und nachdem ich offen und ehrlich über alles geredet hatte, über meine Stärken, meine Schwächen, wurde die Runde ein wenig lockerer. Sogar General Wichtig in der Mitte fing an, auf einmal ehrlich zu werden und erzählte, wie chaotisch es manchmal bei ihnen ist und dass da auch nicht alles so sauber läuft. Die Personalchefin war völlig überfordert. Nun starrte sie auch ihn an. Soviel Ehrlichkeit…darauf hatte sie wohl kein Workshop vorbereitet. Sie versuchte dann wieder mit den Standard-Fragen das Geschehen zu normalisieren, die Atmosphäre war einfach zu freundlich für sie.

Es war ein komisches Gefühl auf der Rückfahrt. Ein interessanter Job, ein nettes Team…aber unterm Strich wieder dieselbe Welt, der ich eigentlich entkommen wollte. Ich würde das wieder durchziehen und weitersparen, mit der Hoffnung dass ich irgendwann etwas anderes machen kann. Es klang so ein wenig nach aufgeben und wieder zurück in das sichere Nest kriechen. Das hat mir nicht gefallen. Nun ja, ich hatte zumindest ein paar Tage Zeit mir Gedanken zu machen, dann wollten sie sich melden.

Sri Lanka

Und da war ja noch Sri Lanka, damit habe ich mich gleich danach viel lieber beschäftigt. Soziale Startups, junge Unternehmer die etwas auf die Beine stellen, die etwas bewegen wollen. Dort eintauchen, mithelfen und lernen. Einfach eine andere Welt erfahren. Also habe ich mich für das Programm beworben und es kam die Zusage. Das ging so schnell und auf einmal musste ich mich entscheiden.

Also her mit den Listen. Auf der einen Seite die Chance auf einen neuen Job, Geld, Sicherheit, Karrieremöglichkeiten oder auch Startkapital für eine große Idee in ein paar Jahren. Auf der anderen Seite eine Reise nach Sri Lanka mit einer ganz neuen Erfahrung und die totale Ungewissheit. Es war also völlig klar: mit Listen würde ich hier nicht weiter kommen. Zurück zu den einfachen Fragen des Lebens:

Auf was hast du Bock? – Sri Lanka!

Ist es möglich, kannst du es dir leisten? – Ja.

Entschieden.

Sri Lanka war also fest in meinem Kopf. Das war abgehakt und es fühlte sich gut an. Und es war gut dass ich mich zu dem Zeitpunkt so sicher entschieden hatte. Denn bis zum Abflug wurde es nochmal turbulent…

Turbulenzen vor dem Flug

Zwei Tage nachdem ich dem Programm in Sri Lanka fest zugesagt hatte, kam die Zusage zum Job. Stolz sagte ich der Firma ab. Danach kamen die Vorbereitungen für den Trip, Flug buchen, Skypegespräche, usw…bis dann irgendwann die Nachricht kam dass das Programm leider doch nicht möglich sei. Zu wenig Leute hatten sich angemeldet. Super! Zurück auf null…

Aber die Social Starters boten uns an, es auf eigene Faust zu machen. Wir könnten einfach selber nach Sri Lanka reisen und sie würden uns vorab mit den Partnern vor Ort verbinden. Ohne die Startup Kurse könnten wir einfach so versuchen wie wir mit unserer Erfahrung helfen können. Tarek aus den USA und ich waren dann die Einzigen die es durchziehen wollten und haben ausgemacht dass wir uns dort treffen. Bei meinem ersten Skypegespräch mit ihm war er gerade irgendwo in Indien in der Pampa und zeigte mir wie ein paar Inder sein Tuk Tuk reparierten. Damit ist er nämlich mit ein paar anderen Leuten quer durch das Land gefahren. Das beruhigte ein wenig, dass ich da einen Typ treffen würde der auch einen Knall hat…

Alle meine Ideen und Pläne habe ich vor der Reise in der Schublade verschwinden lassen und erst einmal gestoppt. Auch die neueste Idee bei der ich noch fast mit zwei anderen Jungs eine Firma gegründet hätte. Ich will nicht zu viel verraten (es war eine ziemlich geile verrückte Food Truck Idee) weil ich hoffe, dass die beiden das noch irgendwann durchziehen werden. Dann kann ich immer noch darüber schreiben. Aber für uns alle drei war es nicht der richtige Zeitpunkt.

So saß ich dann endlich im Flieger nach Sri Lanka. Nichts anderes im Kopf, ich konnte mich voll und ganz auf den Trip konzentrieren. Nach dem ganzen hin und her in den letzten Wochen war das genau das was ich brauchte. Mein Rucksack, ich und ein neues Abenteuer. Nichts danach geplant, einfach frei und offen für etwas Neues!

 

 

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